Die
Theorie, der Pyren?n-Berghund ? wie alle ?rigen Herdenschutzhunde ? stamme
vom tibetischen Herdenschutzhund (f?schlich Tibet-Mastiff genannt)
ab, ist immer noch ab und an zu lesen. Sie war am Ende des 19. Jahrhunderts
verbreitet, und sie ist voll entfaltet in Oskar Albrechts Werk ?Zur ?testen
Geschichte des Hundes. Studien zur Geschichte seiner Z?mung, Verbreitung
und Rassengliederung? (M?chen. 1903), wobei Albrecht bereits sehr genau
differenziert zwischen dem tibetischen Herdenschutzhund und den Bewohnern
Tibets:
Damit, dass Tibet als Ausgangsland unseres Hundes feststeht, ist nicht
zugleich erwiesen, dass die von uns so benannten Tibeter (oder Tibetaner)
seine Domestikatoren seien (...); wenn wir vom Westen ausgehend linguistisch
die Spur des Tibethundes bei den am West und S?rand Tibets sitzenden
drawidischen V?kern aufh?en sehen, k?en doch wohl auch diese V?ker f?
seine Domestikation mit in Frage.
Heute
macht man sich nicht mehr die M?e dieser klugen Differenzierung und
identifiziert den Tibethund und den Ort seiner Entstehung mit dem Ort seines
jetzigen Aufenthalts.
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Yak - am Fu? des
Chomolungma
(Mount Everest-Massiv von Tibetischer Seite) |
Mit dieser reduzierten Theorie w?de man sich
aber abh?gig machen vom Zeitpunkt der Domestikation des Yaks, eines
zentralasiatischen Wildrinds, das in der Eiszeit in Nordsibirien vorkam,
w?rend es im Neolithikum noch aus dem afghanischen Teil des Pamirgebirges
nachgewiesen ist durch eine Felszeichnung, die eine Jagdszene mit einem Yak
darstellt. Der dunkelbraune bis schwarze Yak ist optimal angepasst an das
Leben in 4.000 bis 6.000 m H?e. Bemerkenswert ist die K?pergr?e dieses
Wildrindes: Yakbullen erreichen eine Widerristh?e von 170 bis 210 cm und
eine K?permasse von 550 bis 1000 kg, w?rend die K?e eine H?e von 145 bis
160 cm und nur 300 bis 350 kg schwer werden. Die Yakk?e mit ihren K?bern
leben in der Regel zusammen in gro?n Herden, die Bullen sind eher
Einzelg?ger oder schlie?n sich in kleinen Gruppen zusammen. W?rend einige
Forscher den Hausyak f? ebenso alt halten wie das Hausrind, vermuten
andere, dass erst das Bekannt
werden von Hausrindern in Innerasien den Ansto?zur Yakdomestikation gegeben
hat. Bislang ?teste Belege wurden in den Orchon-H?len in der Mongolei
gefunden und auf das 2.Jahrtausend v.u.Z. datiert. Zeitansatz und Bestimmung
dieser Funde sind allerdings zweifelhaft.
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Yaks, Schafe, Pferde bedroht durch
B?, Tiger, Schneeleopard besch?zt - Mitte rechts durch Do Khyi`s
Wandbehang aus einem G?khang, Tibet
mittig - L?enhunde - stilisiert |
Man stellt sich Domestikation so vor, dass
Jungyaks, deren Muttertiere bei der Jagd erlegt wurden, eingefangen und in
die Rinderherde eingegliedert wurden. Eine Z?mung von Wildyaks kann man
nat?lich nicht ganz ausschlie?n, aber die stierkampf?nlichen Szenen auf
Wandgem?den ain Catal H?? lassen schon das Einfangen und Z?men von
Wildrindern als eine nicht ganz ungef?rliche Angelegenheit erscheinen, wie
Cauvin gen?slich ausmalt: Um wie viel schwieriger muss da das Einfangen und
Z?men von erwachsenen Yakk?en sein, von den riesigen Bullen gar nicht zu
reden. So kann man davon
ausgehen, dass der Yak vermutlich erst ab dem 2.Jahrtausend v.u.Z.
domestiziert ist, und zwar auf der s?lichen Seite des Himalaya, weil hier
die nat?lichen Salzvorkommen sehr gering sind und dadurch die Abh?gigkeit
des in Gefangenschaft gehaltenen Jung-Yak vom Menschen noch schneller zu
erreichen war.
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Hier nun der zweite
"Irrtum" ?er die Ahnenschaft des gro?n Tibethundes:
Die
"Abstammungstheorie" nach Studer,
demnach sollte der Do Khyi Stammvater
aller Molossiden - und Doggen?nlichen
Hunderassen sein.
Nach modernen Kynologischen Gesichtspunkten sind diese Theorien nicht
haltbar, ja bereits um 1870 bis 1935
waren diese schon heftig umstritten.
Dennoch halten sich "Legenden" hartn?kig und werden wieder und wieder
abgeschrieben ! |
Sollten nun vom tibetischen
Herdenschutzhund alle anderen Herdenschutzhunde abstammen, dann h?ten die
Hirten gute 6.000 Jahre lang ihre Schaf-, Ziegen- und Rinder-Herden allein
und erfolgreich gegen Beutegreifer verteidigen k?nen. Wenn ihnen dies ?er
diesen langen Zeitraum gelungen w?e, wozu h?ten sie dann noch eines
Herdenschutzhundes bedurft?
Nun w?e es unfair, die Existenz des
tibetischen Herdenschutzhundes nur vom Yak abh?gig zu machen, er hat schon
gut bewollte Ziegen beh?et, bevor er f? den Yak in der gr?eren Variante
gez?htet wurde, aber es ist erwiesen, dass Ziegen zuerst im Dreieck
Nordiran-Nordirak-Anatolien-Syrien domestiziert worden und vermutlich erst
?4000 ?er den Iran ins Indus-Tal und nach Nepal gekommen sind. Dann d?fte
der (etwas kleinere) Proto-Typ des tibetischen Herdenschutzhundes wohl mit
den domestizierten Ziegen nach Nepal und ins Himalaya-Massiv im weiteren
Sinn gekommen sein. Diese ?erlegung wird gest?zt von Albrechts
linguistischem Hinweis, dass die baskische Bezeichnung f? Hund txakurra
(sprich tchakurra) keinerlei Entsprechung in indogermanischen Sprachen hat,
wohl aber im Drawidischen:
In den Sprachen jener geringen, zerstreuten drawidischen
Volksreste, die in schwer zug?glichen Gebirgen und auf klimatisch nur ihnen
zusagenden Hochebenen bis heute ihr Dasein fristen, begegnet uns das
baskische chakurra wieder. Wir treffen es im Tamil, Malayalam, Kanaresischen
u. and. Als kukurra, in nepalisch-bengalischen Idiomen wie Darhi, Denwar,
Kocch und im s?indischen Chensu als kukur, im Telugu als kukka, wobei zu
bemerken ist, dass dies in den meisten der angef?rten Sprachen zugleich die
einzige, f? den Hund ?erhaupt vorkommende Bezeichnung ist. Deshalb ist
auch (...) das in der ?testen arischen (d.h. indogermanischen; Anm.: J.M.)
Sprache Indiens, im Sanscrit, neben svan und bhasaka noch vorkommende
kukurra als Entlehnung aus dem Vorderindischen zu betrachten. Wir erhalten
also zu dem urindogermanischen svan aufgrund liguistischer Dokumente einen
durch die Inder aus der drawidischen Primitivkultur in den asiatischen Zweig
des indogermanischen Kulturkreises her?ergenommenen Hund kukkura.
?erblickt man das Verbreitungsgebiet der
Hundebenennung kukkura, so stellt sich heraus, dass sie zusammenf?lt mit
dem geographischen Verbreitungsbezirk eines Hundes, den die moderne
Kynologie als den Tibethund anspricht (Albrecht, 17-18).
Das Tibetische
Hochland mit Transhimalaya und Himalayamassiv...
der helle Teil ist die heutige autonome Region Tibet, rechts oben die
Hochebenen von Amdo & Cham |
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Die drawidischen V?ker gehen in der Tat
den sie verdr?genden indoeurop?schen V?kern voraus, und dies r?mlich wie
zeitlich, also im w?tlichen Sinn, denn sie sind wie die Basken auch nach
den serologischen Ergebnissen und Auswertungen von Cavalli-Sforza u.a.
Urbewohner ihrer Region, sie sind wie die Basken aus den um ? 100.000 aus
Afrika nach Arabien einwandernden Cro-Magnon-St?men entstanden und haben
sich aus der auf der Sinai-Anatolien-Achse wandernden Gesamtgruppe von
Anatolien oder dem Nordirak nach Osten verabschiedet in Richtung Iran und
Indien, w?rend die Proto-Basken den s?lichen Rand Europas besetzten.
Die indogermanischen V?ker, welche die
Drawiden in unwirtliche Randgebiete zur?kdr?gen sind ein Teil des gesamten
indoeurop?schen Spektrums. Sie werden von Albrecht svan-Gruppe genannt
gem? der Grundbezeichnung f? Hund. Diese Gruppe umfasst
die s??tlichen Indogermanen, Inder, Iranier, greift aber bis zur
littauischen Gruppe ?er, ist im Littauischen und in der Sprache des von
allen europ?schen den Urgermanen am n?hsten stehenden Volkes, der Letten,
sowie im Altpreussischen erhalten, w?rend bei den (...) die Urheimat sp?er
verlassenden Slaven Fortbildungen von svan nicht mehr vorkommen, sondern
daf? ein anderes Wort eintritt (Albrecht, 14).
An
der Tibet-Theorie stimmt mit Sicherheit nur, dass der wei? Herdenschutzhund
prinzipiell aus einem fauven oder schwarzen oder wie auch immer gef?bten
Hund entstanden sein mu? durch Ausdehnung der wei?n Abzeichen. Denn die
?Farbe? Wei?ist, wie ich in 6.2.2.1.6 darlege, auf die Wirksamkeit der
hypostatischen Allele des S-Genorts zur?kzuf?ren: Es handelt sich in
Wirklichkeit um einen dunkelfarbigen, meist schwarzen Hund, der von Wei?
?erschwemmt wird. Dass diese Ausdehnung von Wei??er die gesuchten
dachsfarbenen oder gelben Markierungen hinaus bis hin zu reinem Wei?reichen
kann, wei?jeder Berghund-Z?hter sp?estens aus seinem ersten Wurf. Aus den
ehemals wei?n Abzeichen wurde im Verlauf der phylogenetischen Entwicklung
eine Grund?farbe? w?rend die ehemalige Grundfarbe (Fauve oder Schwarz
bzw.Grau) auf wenige Abzeichen reduziert wurde.
Auch wegen dieser genetischen Faktoren
kann der tibetische Herdenschutzhund nicht als Ahnherr aller anderen
Herdenschutzhunde in Frage kommen: Er ist meistens Schwarz mit
lohfarbenen Abzeichen, womit er homozygot f? das rezessivste Allel der
A-Serie und an die Yak-Farbe bestens angepasst ist. Nur durch Einkreuzung
k?nten dann noch andere Farben entstehen. |
Entnommen aus:
Pyren?nSch?erhunde, Band 1 Autoren: Josef M?ler, Udo Kopernik, Claudia
M?ler,
mit freundlicher Genehmigung von Herrn Kopernik, Club Berger des Pyrenees
(CBP) e.V.
Nachlese:
Sicherlich ist die These der Do Khyi w?e
der Urahn aller Herdenschutzhunde sowie der heute als molossoiden Rassen
bezeichneten schweren doggenartigen Hunderassen ebenso durch Dr. Hans R?er
widerlegt, dennoch h?t sich diese Theorie welche im 19. Jahrhundert bereits
heftig umstritten war auch heute noch hartn?kig, wird wieder und wieder
abgeschrieben und nachgedruckt. Wir sollten den Do Khyi endlich
entmystifizieren und seine wahren ?Sch?ze? entdecken.
Wir sollten hinterfragen und entdecken,
dass der Do Khyi in seinem ?R?kzugsgebiet?, dem Tibetischen Hochland, den
entlegenen, unerreichbaren T?ern, mangels weiterer Bed?fnisse der
?Fortentwicklung? in einem hochspezialisiertem, unwirtlichem Lebensraum f?
Mensch und Tier nicht bedurfte. Es blieb uns mit dem Do Khyi ein sehr
urspr?glicher Hundeschlag erhalten, welcher wahrscheinlich bereits seit dem
Beginn seiner ?Ausbreitung? und ?Nutzung? ziemlich unver?dert in Wesen,
Verhalten und ??rem Erscheinungsbild uns ein Zeugnis
ablegt ?er das Zusammenleben in lange vergangenen Zeiten, zwischen
Mensch und Hund. |